22.09.25 t/Franzi@LauneDerNatur b/brittani
Célestin Freinet: Vom Schulkritiker zum Reformpädagogen
Strenge Disziplin, Auswendiglernen, starrer Frontalunterricht und teilweise körperliche Strafen prägten lange Zeit das europäische Unterrichtsbild. Kinder hatten kaum Raum für eigene Fragen oder Kreativität, vielmehr standen Gehorsam und nationalistische Prägung im Vordergrund – eine Erfahrung, die Célestin Freinet nachhaltig prägte.
Geboren im Jahr 1896 in Gars, Frankreich, als fünftes von acht Kindern, litt er als Schüler so arg unter den Einschränkungen des Lernens innerhalb des schulischen Rahmens, dass er später schlichtweg selbst Lehrer wurde, um ein eigenes Erziehungskonzept zu entwickeln. Im Mittelpunkt seines pädagogischen Denkens steht das Kind selbst, als handelndes, selbstverantwortliches Wesen, während Erziehenden eher eine begleitende Rolle sowie die Verantwortung für die Schaffung einer kindgerechten Lernatmosphäre zugewiesen wird.
Das Ende der autoritären Wissensvermittlung
Sein - für das Frankreich der 1920er Jahre - eigenwilliger Erziehungsstil galt und gilt als überwiegend praxisorientiert und sieht das Kind als aktiv-lernende Person an, dem folgende Punkte vermittelt werden sollten:
- Freie Entfaltung der Persönlichkeit
- Kritische Auseinandersetzung mit der Umwelt
- Kooperation und gegenseitige Verantwortlichkeit
- Stärkung der Kinderrechte
In der Praxis heißt das unter anderem: flexible Tagesabläufe mit festen Terminen, demokratisch abgestimmt im sogenannten "Kinderrat". Hier stellen die Kids zusammen Regeln auf, finden aber ebenso gemeinsam Lösungen für entstehende Konflikte. Daneben sind das freie Spiel und das Erkunden der Natur weitere wichtige Bausteine, genauso wie das Schaffen von Lernwerkstätten, Ateliers und Lernecken. Das Kind wird ermutigt, sich eigenständig mit einem Thema zu beschäftigen, für das es sich interessiert.
Heutige Anwendungsbeispiele der Freinet-Pädagogik
Die Grundideen von Célestin Freinet, die inzwischen über 100 Jahre alt sind, finden nach wie vor Sympathien in der Pädagogik. Sein, beruhend auf der eigenen Negativerfahrung, entwickeltes Konzept, fördert Eigenverantwortung, Kreativität und demokratisches Handeln. Zu Recht wird es noch heute besonders in Kindergärten und Grundschulen weltweit geschätzt und angewandt.
Auf Länderebene befindet sich beispielsweise in Moritzburg eine Ganztages-Grundschule in freier Trägerschaft mit insgesamt 85 Kindern, unterteilt in vier Klassenstufen. Auch in Köln verfolgt die Freinet-Schule das gleichnamige Prinzip und setzt somit auf jahrgangsübergreifendes Lernen, Vielfalt und Verantwortungsübernahme.
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