Ein Schüler schreibt eine unangekündigte Ex in einem Klassenzimmer

Schüler:innen in Bayern demonstrieren gegen unangekündigte Tests

Am 6. April 2025 füllte sich der Wittelsbacher Platz in München mit einer ungewöhnlich lauten und erstaunlich gut organisierten Menge: Schüler:innen, Eltern, Lehrkräfte und Unterstützer:innen protestierten gemeinsam gegen die Praxis unangekündigter Tests – in Bayern liebevoll „Exen“ genannt. Die Bewegung, angeführt von der 17-jährigen Münchnerin Amelie N., hatte bereits im Vorfeld mit ihrer Petition „ Schluss mit Abfragen und Exen!“ um die 50.000 Unterschriften gesammelt. Zwei Tage nach der Demonstration wurde die Petition im Landtag an die Vorsitzende des Bildungsausschusses, Dr. Ute Eiling-Hütig, übergeben.

Die Forderung ist klar: Weg mit den unangekündigten Leistungsnachweisen, die für viele Schüler:innen Stress, Angst und eine Kultur des Bulimie-Lernens bedeuten. Amelie beschreibt die Situation treffend: „Besonders das unangekündigte Abfragen vor der ganzen Klasse sorgt bei vielen für Stress und Panik.“

Argumente gegen die Exen: Wissenschaftlich eindeutig

Die Kritik an den unangekündigten Tests kommt nicht nur von den Schüler:innen selbst. Auch Elternverbände und Bildungsexpert:innen melden sich zu Wort. Die Landes-Eltern-Vereinigung der Gymnasien in Bayern (LEV) betont in einem offenen Brief an Ministerpräsident Markus Söder: „Es ist unbestreitbar, dass unangekündigte schriftliche Leistungsnachweise bei vielen Schülerinnen und Schüler Angst und Druck erzeugen.“

Der Bayerische Elternverband (BEV) geht sogar noch weiter und wirft Söder vor, das Vertrauen der Eltern in Demokratie und Rechtsstaat beschädigt zu haben. In einem offenen Brief heißt es: „Ihr Verhalten ist nicht mit den demokratischen Werten vereinbar, die Sie Schülerinnen und Schülern im Rahmen der Verfassungsviertelstunde nahebringen wollen – vielmehr erinnert es an veraltete, absolutistische Entscheidungsstrukturen.“

Auch wissenschaftliche Studien stützen die Kritik. Eine Untersuchung der Universität Bayreuth und der Universität Wien aus dem Jahr 2022 kam zu dem Ergebnis, dass unangekündigte Tests die Ängstlichkeit von Schüler:innen erhöhen und ihre Freude am Lernen verringern. Hingegen haben verlässlich angekündigte Leistungskontrollen positive emotionale Auswirkungen und können schulische Leistungen verbessern.

Politische Reaktionen: Zwischen Dialogbereitschaft und Machtwort

Während Kultusministerin Anna Stolz (Freie Wähler) sich offen für eine Diskussion über die Prüfungskultur zeigt und betont, die Zahl der Leistungsnachweise genau „unter die Lupe zu nehmen“, setzt Ministerpräsident Markus Söder (CSU) auf ein sinnbefreites Machtwort: „Exen und Abfragen werden natürlich bleiben.“

Diese Haltung stößt auf breite Kritik. Simone Fleischmann, Präsidentin des Bayerischen Lehrer- und Lehrerinnenverbands (BLLV), fordert ein neues Leistungsverständnis an Schulen. Auch der Rektor der Eichendorffschule in Bayern, Klemm, kritisiert die Praxis der Exen scharf - Er hält das Argument, unangekündigte Tests bereiteten junge Menschen auf unvorhergesehene Situationen im Arbeitsleben vor, für „haarsträubenden Blödsinn“.

Trotz der Kritik bleibt Söder bei seiner Haltung. Doch die Bewegung wächst weiter, und die Diskussion um die Prüfungskultur in Bayern ist längst nicht beendet. Die Schüler:innen haben gezeigt, dass sie bereit sind, für ihre Rechte und eine bessere Bildungspolitik auf die Straße zu gehen. Und das ist vielleicht die wichtigste Lektion, die sie bisher gelernt haben.